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Einfach erklärt: Was sind GLP-1 Rezeptoragonisten?

Darmhormone wie GLP-1 spielen eine zentrale Rolle bei der Blutzuckerregulation – besonders bei Typ 2 Diabetes. Erfahre, wie moderne Diabetes-Medikamente auf diesen natürlichen Mechanismen basieren und was sie im Körper bewirken können.

In den vergangenen Jahrzehnten hat das Darmhormon GLP-1 in der Erforschung und Behandlung von Typ 2 Diabetes an Bedeutung gewonnen. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler konnten zeigen, wie dieses körpereigene Hormon dabei hilft, den Blutzuckerspiegel zu regulieren.

Auf Basis dieses Wissens wurden die sogenannten GLP-1 Rezeptoragonisten (GLP-1 RA) entwickelt. Diese Wirkstoffe nutzen die natürliche Wirkweise des Darmhormons GLP-1 und werden heute als moderne Antidiabetika eingesetzt.

Aber was genau steckt hinter diesem Hormon bzw. dem darauf basierenden Wirkstoff – und wie wirkt es im Körper?

Darmhormone: Die stillen Helfer nach dem Essen

Nach dem Essen steigt der Blutzuckerspiegel. Unser Körper beginnt sofort, ihn zu regulieren. Dabei spielen Darmhormone eine entscheidende Rolle: Sie sind Botenstoffe, die in bestimmten Zellen der Darmwand gebildet werden. Sie werden nach dem Essen ins Blut freigesetzt. Anschließend stimulieren sie die Bauchspeicheldrüse, die für die Ausschüttung von Insulin verantwortlich ist. Genauer gesagt: Die Betazellen in der Bauchspeicheldrüse bilden das körpereigene Hormon Insulin. Es bewirkt, dass der Zucker aus dem Blut die Körperzellen mit Energie versorgen kann und der Blutzuckerspiegel sinkt. Diese Wirkung nennt man den Inkretin-Effekt.

Das wichtigste Darmhormon, das den Blutzucker beeinflusst, ist GLP-1 (Glucagon-like Peptide-1). Daneben gibt es noch weitere, wie zum Beispiel GIP (Gastric Inhibitory Polypeptide), die ebenfalls zum Inkretin-Effekt beitragen.

GLP-1 – das Darmhormon für die Blutzuckerregulation

GLP-1 wird durch Nahrungsaufnahme im Darm freigesetzt. Es:

  • bindet an einen speziellen Rezeptor in der Bauchspeicheldrüse,
  • regt die Insulinausschüttung an,
  • hemmt das Hormon Glucagon, das in den Alphazellen der Langerhansinseln gebildet wird und den Blutzucker erhöht,
  • verlangsamt die Magenentleerung.

So steigt der Blutzucker nach dem Essen langsamer an.

Was passiert bei Menschen mit Typ 2 Diabetes beim Essen?

Bei Menschen ohne Diabetes sorgen die Darmhormone zuverlässig dafür, dass der Körper nach dem Essen ausreichend Insulin produziert und der Blutzucker nicht zu stark ansteigt.

Bei Menschen mit Typ 2 Diabetes ist unter anderem dieser Mechanismus, also der Inkretineffekt, gestört. Der Körper reagiert anders: Entweder werden die verantwortlichen Hormone nach dem Essen in zu geringer Menge freigesetzt und/oder die Betazellen der Bauchspeicheldrüse reagieren nicht mehr empfindlich genug darauf. Dadurch wird zu wenig Insulin ausgeschüttet, und der Blutzucker steigt an. Neben der verminderten Ausschüttung der Inkretine führt auch die relative Insulinresistenz bei Menschen mit Typ 2 Diabetes zu einem erhöhten Blutzuckerspiegel. Relative Insulinresistenz bezeichnet einen Zustand, bei dem die Körperzellen weniger empfindlich auf Insulin reagieren, was die Zuckeraufnahme aus dem Blut erschwert, sodass mehr Insulin benötigt wird, um den Blutzuckerspiegel im Normalbereich zu halten.

Außerdem wird der Insulin-Gegenspieler Glucagon nicht ausreichend gehemmt, sodass die Leber zusätzlich Zucker ins Blut abgibt – obwohl bereits gegessen wurde. Die Folge: Der Blutzuckerspiegel steigt stärker und länger an als bei Menschen ohne Diabetes.

GLP-1 Rezeptoragonisten (GLP-1 RA): Medikamente, die GLP-1 nachahmen

Die Wissenschaft hat genau für dieses Problem eine Lösung entwickelt: GLP-1 Rezeptoragonisten (GLP-1 RA) sind Antidiabetika, die die natürliche Wirkung von GLP-1 im Körper unterstützen. Das bedeutet: GLP-1 RA binden an spezielle Rezeptoren der Bauchspeicheldrüse und regen die Insulinausschüttung an, wenn der Blutzucker zu hoch ist. Doch ihre Wirkung geht noch weiter: Nach aktuellen Forschungsergebnissen weiß man, dass bei Menschen mit Typ 2 Diabetes der fortschreitende Verlust der Betazell-Funktion in der Bauchspeicheldrüse ein Grund für das Fortschreiten der Erkrankung und den daraus resultierenden Mangel an Insulin ist. Die GLP-1 RA setzen genau hier an: Sie regen die Insulinausschüttung der Bauchspeicheldrüse an. Außerdem haben GLP-1 Rezeptoragonisten noch weitere positive Effekte: Sie verlangsamen unter anderem die Entleerung des Magens, was zu einer Gewichtsabnahme führen kann.

GLP-1 RA: Einfluss auf andere Bereiche im Körper

GLP-1-Rezeptoragonisten (GLP-1 RA) unterstützen nicht nur die Blutzuckerregulation, sondern können sich auch positiv auf weitere Organsysteme auswirken.

  • Herz: Studien zeigen, dass GLP-1 RA bei Menschen mit Typ 2 Diabetes das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen senken können. Zusätzlich kann sich der systolische Blutdruck – also der obere Wert bei der Blutdruckmessung – verbessern. Auch eine mögliche Gewichtsabnahme wirkt sich günstig auf das Herz-Kreislauf-System aus.
  • Gefäße: Blutzucker, Blutdruck und Gefäßgesundheit hängen eng zusammen. Eine langfristig gute Blutzuckereinstellung kann helfen, Gefäßschäden vorzubeugen. GLP-1 RA unterstützen dabei. Relevant ist das z. B. bei der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit (pAVK).
  • Niere: Dauerhaft hohe Blutzuckerwerte belasten die feinen Gefäße der Nieren und können zu einer chronischen Nierenerkrankung führen – einer häufigen Folgeerkrankung bei Typ 2 Diabetes. GLP-1 RA tragen dazu bei, stabile Blutzuckerwerte zu erreichen. Das kann helfen, die Nieren langfristig zu schützen und den Verlauf einer bereits bestehenden chronischen Nierenerkrankung positiv zu beeinflussen.

GLP-1 RA: Eine Wirkstoffklasse, die viele Prozesse im Körper steuert

GLP-1 Rezeptoragonisten setzen also an mehreren Stellen im Körper an: Sie fördern die Insulinausschüttung, helfen dabei, den Blutzuckerspiegel zu stabilisieren – und können sich zugleich positiv auf Gewicht und Organe wie Herz, Gefäße und Nieren auswirken.

Die Natur hält oft Lösungen bereit, die erst sichtbar werden, wenn etwas aus dem Gleichgewicht gerät. Die Wissenschaft lernt von diesen biologischen Prozessen und entwickelt auf Basis dieser neue Therapieansätze. Für Menschen mit Typ 2 Diabetes bedeutet das nicht nur eine bessere Blutzuckerkontrolle – sondern auch die Möglichkeit, das Risiko für Folgeerkrankungen zu reduzieren.

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